US-amerikanischer Altersvorsorgeplan: Rechtsfolgen des Todes und Steuern

Als Spezialisten für deutsch-amerikanischen Erbfälle werden wir immer wieder gefragt, welche Steuern auf die Todesfallleistung eines US-amerikanischen Altersvorsorgeplans in Deutschland und den USA anfallen. Der Beitrag zeigt auf, wann Einkommensteuer und Erbschaftsteuer in Deutschland und den USA anfällt.

 

Grundlagen zum US-amerikanischen Altersvorsorgeplan 

In den USA erfolgt die Altersvorsorge oftmals mit Hilfe von privaten Finanzinstituten. Diese bieten u.a. standardisierte, steuerlich privilegierte Produkte an. Die bekanntesten US-amerikanischen Altersvorsorgepläne sind der Individual Retirement Arrangement (kurz: IRA) und der 401(k) plan. 

  • Bei einem IRA (außer Roth IRA) werden die Beiträge vom Begünstigten selbst aufgebracht, oft durch Übertrag eines zuvor vom Arbeitgeber aufgefüllten Sparplans (pension plan).
  • Bei den weit verbreiteten 401(k) verzichtet der Einzahler auf die Auszahlung eines Teils seines Einkommens und lässt diesen in den Sparplan einzahlen. 

Die Einzahlungen in solche Pläne können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden (Ausnahme: Roth IRA). Im Gegenzug sind die Auszahlungen als Einkommen zu versteuern, sog. nachgelagerte Besteuerung (tax deferred). Insoweit ähneln diese Produkte deutschen steuerbegünstigten Direktversicherungen. Anders als diese kann der Begünstigte allerdings schon vor Eintritt in den Ruhestand unter bestimmten Bedingungen die Auszahlung des angesparten Betrages verlangen. Dies hat allerdings unter Umständen Steuernachteile:

  • Hat er aber noch nicht das Alter von 59 ½ erreicht, fällt grundsätzlich zusätzlich zur Einkommenssteuer eine Strafsteuer (early withdrawal penalty) von 10 % an.
  • Ab Erreichen eines Alters von 70 ½ Jahren muss der Erstbegünstigte Auszahlungen vornehmen (Required minimum distributions; kurz RMD). Die Höhe des RMD hängt vom angesparten Vermögen und der statistischen Lebenserwartung ab. Unterbleibt die RMD, fällt eine Strafsteuer von 50 % des Betrages, der eigentlich hätte abgerufen werden müssen, an.

Rechte beim Todes des ursprünglich Begünstigten

Stirbt der ursprünglich Begünstigte fällt das Vermögen entweder dem vertraglich benannten Begünstigten (designated beneficiary) oder dem Nachlass (estate) zu. Der Begünstigte hat nun zwei Optionen:

  • Er kann sich den gesamten angesparten und verzinsten Betrag auf einmal auszahlen lassen (lump sum distribution) oder
  • einen eigenen IRA bei einem Finanzinstitut in den USA eröffnen (bei dem er der Erstbegünstigte ist) und das angesparte Vermögen auf diesen IRA übertragen lassen, sog. geerbter IRA (inherited IRA). 

Stirbt der Erstbegünstigte vor Erreichen eines Alters von 59 ½, muss der Zweitbegünstigte innerhalb von 5 Jahren nach dem Tod den gesamten angesparten Betrag abgerufen haben. Ansonsten fallen die gewährten Steuervergünstigungen in der Ansparphase wieder weg, IRC § 401(a)(9)(B)(ii).

Stirbt der Erstbegünstigte nach Erreichen eines Alters von 70 ½, kommt es darauf an, welche Art der Auszahlungen er gewählt hat. Entweder muss der bereits von ihm gewählte Auszahlungsplan auch vom Zweitbegünstigten fortgeführt werden, oder dieser muss innerhalb von einem Jahr nach dem Tod den IRA vollständig abwickeln. Letzteres ist der Regelfall. Innerhalb dieses Zeitraums muss also entweder die Auszahlung des Gesamtbetrages erfolgt sein – oder das angesparte Vermögen in einen eigenen IRA überführt worden sein.

Befand sich der ursprüngliche Vertrag bereits in der Auszahlungsphase, müssen auch aus dem geerbten IRA (inherited IRA) regelmäßig Auszahlungen abgerufen werden. Diese können aber, wenn dies rechtzeitig beantragt wird, über die statistische Lebenserwartung des Zweitbegünstigten verteilt werden.

Neuregelung: Mit Wirkung zum 01.01.2020 wird die Zeitdauer, für welche ein Begünstigter auf den Todesfall einen geerbten IRA fortsetzen kann, auf 10 Jahre begrenzt (Ausnahme: Ehegatte). Die Neuregelung hat erheblichen Einfluss auch auf bestehende Nachlasspläne. 

US-Bundes-Nachlasssteuer 

Neben der Einkommensteuer kann auch US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax) anfallen. Wegen der hohen Freibeträge ist dies aber in den meisten Fällen unerheblich. Ggf. kann gezahlte US-Einkommenssteuer zumindest teilweise auf die US-Nachlasssteuer angerechnet werden.

Hinweis: Bei einem nicht-ansässigen Erblasser (nonresident decedent) zahlt das US-Finanzinstitut in der Regel erst nach Vorlage einer US-Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) aus. Unter Umständen wir hierauf aber verzichtet, z.B. wenn der Begünstigte der Ehegatte ist und dieser die US-Staatsangehörigkeit hat. 

Manche US-Bundesstaaten haben außerdem eine eigene Erbschaftsteuer (Inheritance Tax) oder Nachlasssteuer (Estate Tax). Hierzu verweisen wir auf den Beitrag  Übersicht: Erbschaftssteuer und Nachlasssteuer in den US-Bundesstaaten.

US-Bundes-Einkommensteuer  

Die Einzahlungen in einen IRA (außer Roth IRA) und 401(k) können bei der US-Einkommensteuer (income tax) des Einzahlenden abgezogen werden. Bei Auszahlung erfolgt dann eine Besteuerung des gesamten Auszahlungsbetrags, sog. nachgelagerte Besteuerung (tax deferred plan). Dies gilt auch bei Auszahlung an den Todesfallbegünstigten (IRC §§ 102, 691). 

Hat der Todesfallbegünstigte seinen steuerlichen Wohnsitz in den USA oder war er US-Staatsangehöriger, muss er daher US-Einkommensteuer auf den ausgezahlten Betrag zahlen. Verlangt er die Auszahlung des Gesamtbetrages (lump sum distribution) und erhält er somit sofort das gesamte Vermögen und muss folglich auch auf den gesamten Betrag US-Einkommensteuer zahlen. Da die US-Einkommensteuer progressiv ausgestaltet ist, führt dies oft zu einer hohen Besteuerung. Wird der Vertrag fortgeführt, fällt hingegen US-Einkommensteuer nur auf die ausgezahlten Beträge an. 

Hinweis: Daher empfehlen US-Berater regelmäßig die Fortsetzung des Vertrags. 

Hat der Begünstigte seinen Wohnsitz im Sinne von Art. 4 des DBA-USA-ESt. zur Zeit der Ausschüttung in Deutschland und ist er kein US-Staatsangehöriger (U.S. citizen), hat die USA allerdings nach den Regeln des DBA-USA-ESt. kein Besteuerungsrecht betreffend die Zahlungen aus einem IRA oder 401(k).

War der Erwerber hingegen US-Amerikaner, hat auch die USA ein Besteuerungsrecht und die Doppelbesteuerung wird durch Anrechnung der deutschen Steuer auf die US-Steuer vermieden. 

US-Quellensteuer für Zahlungen an nicht-ansässige Ausländer

Auch wenn die USA kein Besteuerungsrecht haben (siehe oben), können die USA die Quellensteuer erheben. Von diesem Recht machen die USA auch Gebrauch: Auf alle Zahlungen an einen Nicht-ansässigen Ausländer (nonresident alien) erheben die USA eine Quellensteuer (witholding tax) in Höhe von bis zu 30%. In Höhe dieses Betrags erfolgt außerdem ein steuerlicher Einbehalt, d.h. das Finanzinstitut zieht den Betrag ab und führt den Betrag an die US-Finanzbehörde IRS ab. Der Begünstige erhält hierüber eine Bescheinigung (Form 1042-S). 

Allerdings muss das Finanzinstitut bei Zahlungen aus einem IRA oder 401(k) keine Quellensteuer einbehalten, wenn die Vergünstigung des DBA-USA-ESt. mittels des Formulars W-8BEN in Anspruch genommen wird. Hierfür ist im Falle eines IRA (anders als bei Dividenden-Zahlungen) immer eine US-Steuernummer (ITIN) anzugeben. 

Hinweis: Oftmals wird auch bei ordentlicher Ausfüllung des Formular W-8BEN bis zu 30 % des Gesamtbetrags einbehalten. In diesem Fall ist in der Regel eine Erstattung möglich - siehe hierzu den Beitrag Rückerstattung überzahlter US-Quellensteuer

Deutsche Erbschaftssteuer

In der Regel fällt außerdem deutsche Erbschaftsteuer an, da es sich um einen Erwerb von Todes gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG handelt (BFH Urteil vom 15.6.2016, II R 51/14). Maßgebend ist der Kapitalwert per Todestag. Im Falle der Wahl einer lebenslangen Rente kann die Steuer nach Wahl des Erwerbers statt vom Kapitalwert jährlich im voraus von dem Jahreswert entrichtet werden, § 23 ErbStG. 

Der Erwerb ist binnen 3 Monaten gemäß § 30 ErbStG dem Finanzamt mitzuteilen (sog. Erwerbsanzeige). 

Nach unserer Auffassung kann bei Erwerb durch Personen steuerfrei sein (vgl. zur Steuerbefreiung von Direktversicherungen, BFH, Urteil vom 18.12.2013 - II R 55/12). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Personen im Sinne von §§ 46 ff. SGB VI handelt. Die Praxis der Finanzämter ist aber eher restriktiv. 

Deutsche Einkommensteuer

Der BFH hat mit Urteil vom 28.10.2020, X R 29/18BStBl. II 2021, Seite 675 entschieden, dass Kapitalleistungen zu Lebzeiten des Berechtigten aus einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan "401(k) pension plan" sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG sind und die Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Kapitalauszahlung und Einzahlungen zu besteuern sind, sofern der Steuerpflichtige während der Ansparphase nicht der inländischen Besteuerung unterlag. 

Sofern die Leistung als lebenslange Rente ausgezahlt wird (was seit 2020 nur Ehegatten wählen können), dürfte unter Zugrundelegung des Urteils eine Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a i. V. mit § 22 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit dem Ertragsanteil erfolgen. 

Ob Todesfallleistungen aus einem US-amerikanischer Altersvorsorgeplan der Besteuerung unterfallen, war nicht Gegenstand der Entscheidung. Wir meinen, dass - jedenfalls bei Einmalzahlung und Anwendbarkeit von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der aktuellen Fassung - gute Argumente gegen eine Besteuerung der Todesfallleistung sprechen. Allerdings muss mit Widerständen der Finanzverwaltung gerechnet werden. 

Unsere Leistungen: Wir beraten gerne unsere Mandanten und/oder ihre Berater betreffend die steuerlichen Folgen des Erwerbs von Todes wegen und der Ausschüttungen und wirken auf die Ausübung von steuerlichen Wahlrechten nach US-Steuerrecht im Auftrag unserer Mandanten hin. Ferner sind wir bei der Beschaffung etwaig erforderlicher Unterlagen behilflich.

Doppelbesteuerung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer

Nach § 35 b EStG kann eine Ermäßigung bei der Einkommensteuer zu gewähren sein, wenn die Einkünfte im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen 4. Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Dies setzt allerdings eine "tarifliche" Einkommensteuer voraus. Da Kapitalleistungen aus einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan mit dem Abgeltungssteuersatz besteuert werden, fehlt es hieran. 

Wird der Ertragsanteil (bei einer lebenslangen Rente) besteuert, kommt hingegen eine Ermäßigung der Steuer nach § 35 b EStG in Betracht. 

Glossar: Nicht-ansässiger Ausländer (nonresident alien)

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